5 Gründe, warum du keine ‚unpolitische Demo‘ fordern solltest

Von außen betrachtet wirkt es harmlos.


„Können wir nicht einfach tanzen?“ „Ich dachte, das ist ’ne Parade?“ „Muss das immer so links sein?“
Was klingt wie naive Fragen, ist in Wahrheit politische Verweigerung – und ein Symptom einer gefährlichen Entpolitisierung. Denn wer nach einer unpolitischen Demo ruft, hat entweder nichts verstanden oder will nichts verstehen.

Hier sind fünf Gründe, warum das nicht nur dumm, sondern gefährlich ist.

1. Es gibt keine unpolitische Demo. Punkt.

„Unpolitische Demo“ ist ein Widerspruch in sich. Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit – Artikel 8 GG – schützt Versammlungen zur Meinungsäußerung. Wer eine Demonstration anmeldet, muss ein politisches Anliegen angeben. Das ist keine Spielerei, sondern eine demokratische Errungenschaft. Ohne diese Grundlage gäbe es keinen Schutz, keine Route, keine Genehmigung, keine Bühne. Wenn du also „einfach nur tanzen willst“, dann tu das bitte irgendwo, aber nicht auf einer genehmigten Versammlung, die sich aktiv mit politischem Protest gegen Hass, Ausgrenzung und Verdrängung positioniert.

2. Deine politische Neutralität ist ein Privileg

Ein oft gelikter Kommentar unter unseren Posts lautete:

„Ich will einfach feiern. Ohne Politik, ohne Haltung.“

Das mag bequem klingen – ist aber exakt der Punkt: Wer sich Neutralität leisten kann, ist meist nicht von Diskriminierung betroffen. Für viele von uns ist es keine Frage, ob wir politisch sind – sondern ob wir überleben. Sich nicht zu positionieren bedeutet, den bestehenden Verhältnissen den Vortritt zu lassen – mitsamt all ihren Ungleichheiten.

3. „Zu links“ ist kein Argument, sondern ein Reflex

Immer wieder kommt dieser Satz:

„Ihr seid zu links. Das schreckt Leute ab.“

Abgesehen davon, dass „links“ inzwischen alles bedeutet, was irgendwie für Menschenrechte, Diversität oder Mieten unter 2.000 € steht:


Wen genau schrecken wir denn ab?


Die, die mit Regenbogenfahnen ein Problem haben? Die, die „Gendern“ für Gehirnwäsche halten? Die, die bei antifaschistischen Positionen an Umerziehung denken? Dann bitte: Ja. Wir wollen, dass ihr wegbleibt. Denn es gibt keine progressive Bewegung ohne Reibung – und keine gesellschaftliche Veränderung ohne klare Kante.

4. Techno ist keine Tarnkappe für Ignoranz

Als wir ein LGBTQ+-Symbol gepostet haben, schrieb ein User:

„Schuss ins Genick und Ende Gelände.“

Das ist keine Meinungsäußerung. Das ist Gewaltandrohung. Und das zeigt, wie wichtig es ist, politische Botschaften nicht zu relativieren, sondern zu verstärken. Techno war nie nur ein Sound. Es war ein Schutzraum für die Marginalisierten, ein Netzwerk für Subversion, ein sozialer Code gegen Ausgrenzung.

Das heißt nicht, dass alle Techno politisch hören müssen. Wer einfach nur Musik liebt, hat jedes Recht dazu. Aber wer das Politische im Öffentlichen unsichtbar machen will – wer Demos von Haltung entkernen möchte, weil sie ihm zu unbequem sind – der verdrängt nicht nur Inhalte.
Der verdrängt Menschen.

5. Wer „unpolitisch“ ruft, wird zum nützlichen Idioten der Rechten

Die Forderung nach einer „unpolitischen Demo“ ist kein naiver Wunsch. Was harmlos klingt, ist ein Echo neoliberaler Logik: Alles wird individuell, alles wird marktfähig, alles soll bitte reibungslos funktionieren – ohne Reibung, ohne Haltung, ohne Konflikt. Und das ist das Gegenteil von Demo. Wenn du auf einer Demo bist und willst, dass sie „nicht politisch“ ist – machst du dich blind für den Grund, warum sie überhaupt existiert. Dann hilfst du nicht mit, eine bessere Welt zu schaffen.
Dann schaffst du nur eine bequemere für dich selbst.

Zum Schluss: Wenn dir das zu links ist – bleib zuhause.

Du musst nicht mitlaufen. Du darfst feiern, wo du willst. Aber wenn du dich auf eine Demo stellst, auf der Menschen Haltung zeigen, sich verletzlich machen, sich der Öffentlichkeit aussetzen, um für etwas Größeres einzustehen – dann komm nicht mit:


„Ich dachte, das ist nur eine Parade.“

Denn das ist es nicht.
Es ist eine Kampfansage.
Mit Bass.
Und Liebe.
Aber vor allem mit Haltung.

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