Der BZSL e.V. stellt sich vor!
Für was steht BZSL und wie würdet ihr eure Arbeit in einem Satz zusammenfassen?
BZSL steht für „Berliner Zentrum für Selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen“.
Unser Verein bietet kostenlose Beratungen für Menschen mit Behinderung und/oder chronischer Erkrankung und deren Angehörigen und Freund*innen nach dem Peer-to-Peer-Prinzip (Betroffene beraten Betroffene) an.
Warum seid ihr beim „Zug der Liebe“ mit dabei?
Das könnte besser einfach gar nicht passen: Beim „Zug der Liebe“ wird Vielfalt in all ihren Facetten gefeiert und ihre Wichtigkeit für die Gesellschaft aufgezeigt. Vielfalt ist Reichtum. Vielfalt heißt, Minderheiten nicht zu diskriminieren, sondern zu erkennen und zu feiern, dass wir alle –- unabhängig von unserer Herkunft, unserer Geschlechteridentität, unseren körperlichen Voraussetzungen oder anderen uns auszeichnenden Merkmalen – einzigartig und bereichernd für unsere Gesellschaft sind und wir alle ein Recht auf Gleichberechtigung haben.
Wir als Verein von und für Menschen mit (drohender) Behinderung oder chronischer Krankheit repräsentieren einen wichtigen Teil der Vielfalt, denn Menschen mit Behinderungen gehören zu einer von Stigmatisierung bedrohten Gruppe.
Es geht bei euch also um die Rechte behinderter Menschen?
Nicht nur. Wir begegnen in unserer täglichen Arbeit oft Mehrfachdiskriminierung, d.h. unsere Ratsuchenden erleben oft Diskriminierung, weil sie verschiedenen Minderheiten angehören. Menschen, die z.B. eine Behinderung haben und einen Migrationshintergrund mitbringen oder sich zur Queer-Community zählen, sind oft Opfer von Mehrfachdiskriminierung. Diese Ratsuchenden sind besonders vulnerabel und schutzbedürftig. Das liegt daran, dass es Diskriminierung gibt. Dass es diese zukünftig nicht mehr gibt und alle Menschen als gleichwertig angesehen werden, dafür setzen wir uns ein.
Worin besteht eure Arbeit konkret?
Unsere Arbeit besteht aus verschiedenen Projekten. In allen Projekten beraten und unterstützen wir Menschen mit (drohender) Behinderung und/oder (drohender) chronischer Erkrankung sowie deren Angehörige. Die Beratungen sind für die Ratsuchenden gänzlich kostenlos und unabhängig. Unabhängig heißt, dass wir die Beratungen nicht danach ausrichten, welche Lösung die finanziell attraktivste für die verschiedenen Ämter und Leistungsträger sein könnte, sondern wir sind daran interessiert, gemeinsam mit den Betroffenen die für sie besten Optionen herauszuarbeiten und durchzusetzen. Im Beratungsprozess geben wir keine Lösungen vor, sondern zeigen vielmehr mögliche Optionen auf. Welchen Weg die Ratsuchenden letztendlich gehen, wird ihnen im Rahmen der Selbstbestimmung, selbst überlassen. Bei der konkreten Gestaltung der Beratung wird sich darum bemüht, die behinderungsbedingten Bedarfe der Ratsuchenden zu berücksichtigen und die Beratung so barrierefrei wie möglich zu gestalten.
Die einzelnen Beratungen variieren von ratsuchender zu ratsuchender Person extrem: Manchmal füllen wir schlicht gemeinsam einen Antrag aus und die Beratung ist in 10 Minuten erledigt, in anderen Fällen begleiten wir Menschen über Jahre hinweg und gehen die verschiedensten Themen gemeinsam an, wie z.B. eine berufliche Umorientierung, einen Wechsel der Wohnform, die Beantragung eines Pflegegrades oder den Umgang mit der eigenen Behinderung.
Was unseren Verein besonders macht, ist, dass viele Menschen aus unserem Team Selbstbetroffene sind und die Ratsuchenden dementsprechenden nach dem Peer-Prinzip auf Augenhöhe und dennoch gleichzeitig mit dem notwendigen Fachwissen beraten können.
Was unterscheidet eure einzelnen Projekte voneinander?
Die einzelnen Projekte haben unterschiedliche Schwerpunkte:
- Unsere EUTB® berät allgemein alle Menschen mit (drohender) Behinderung und/oder (drohender) chronischer Erkrankung sowie deren Angehörige.
- Das „BNS“ berät Menschen mit Behinderung und Fluchthintergrund in allen Bezirken.
- Bei „Auf Achse“ werden Menschen mit Behinderung und Fluchthintergrund aufsuchend in verschiedenen Gemeinschaftsunterkünften in verschiedenen Stadtteilen Berlins beraten.
- Das Projekt „AMIF AM21“ berät Minderjährige und junge volljährige Geflüchtete mit Behinderung, chronischer Erkrankung und Traumatisierung sowie ihre Angehörigen.
- Im Projekt „Selbst-bestimmt für Vielfalt und Inklusion“ werden Themen wie Nachhaltigkeit und Vielfalt im behinderungsspezifischen Kontext genauer betrachtet und gelebt.
Was sind eure größten Erfolgserlebnisse?
Wir können in unseren Beratungen täglich dazu beitragen, Menschen in ihrer Selbstbestimmung zu unterstützen. Unsere Ratsuchenden verlassen uns meist ein großes Stück glücklicher, denn wir konnten Sie dabei unterstützen, ihre Lebensumstände behindertengerechter zu gestalten. Dazu ist oft unsere Hilfe notwendig, weil die Ratsuchenden das vorhandene Hilfssystem nur unzureichend kennen, von dessen undurchsichtiger Struktur überfordert sind oder in der Vergangenheit bereits schlechte Erfahrung gesammelt haben, etwa weil benötigte Hilfen nicht durchgegangen sind.
Wir sind ein Anker für die Ratsuchenden. Oft wird uns gesagt, wie gut es ihnen tut, nicht abgewiesen zu werden, weil sie eine absolute Odyssee hinter sich haben und völlig frustriert sind, da sie schon so häufig „weitergeschickt“ und abgewiesen worden sind. Und dann kommen wir und heißen willkommen. Und wenn wir nicht die richtigen Ansprechpartner*innen sind, schicken wir trotzdem nicht einfach weiter, sondern gucken, dass wir vernetzten und bleiben -falls gewünscht – mit an Bord. Und die Ratsuchenden beginnen Aufzuatmen. Denn ihnen wird geholfen. Echt geholfen.
Diese täglichen Erfolgserlebnisse sind ein unglaubliches Geschenk und machen unsere Arbeit – so anstrengend sie auch ist – zu einem wahren Geschenk, denn wir leisten hier etwas ganz Sinnvolles: Wir unterstützen Menschen dabei, ihr Leben auf menschenwürdige Weise führen zu können.
Möchtet ihr uns zum Abschluss noch etwas mit auf den Weg geben?
Unbedingt. Passend zum Zug der Liebe, bei dem auch die Musik und die Kunst eine große Rolle spielen, möchten wir zum Abschluss einen Song mit euch teilen, der sich um eines unserer Projekte dreht, denn er handelt von den EUTB®s. Passend zur Inklusion gibt es den Song in drei verschiedenen Versionen: mit Untertiteln, in Deutscher Gebärdensprache (DGS) und mit Audiodeskription (AD):
https://www.teilhabeberatung.de/meldung/wir-sind-die-eutb-ein-musikvideo-drei-versionen-ein-ziel.